Dynamisches Genom

Bildquelle: https://www.embl.org/news/science/flip-flop-genome/

Inversionen entstehen im menschlichen Erbgut häufiger als bisher angenommen - mit Auswirkung auf unser Wissen bezüglich genetischer Stabilität und Erkrankungen.

Unsere DNA dient als Bauplan für die zelluläre Maschinerie, die Zellen, Organe und ganze Organismen arbeiten lässt. Mutationen in diesem Code können zu genetischen Erkrankungen führen. Solche genetischen Variationen können Punktmutationen an einer einzelnen Stelle der DNA sein, aber auch Deletionen, Duplikationen und Inversionen des genetischen Codes umfassen.

Der Begriff "Inversion" beschreibt ein Stück DNA, das seine Ausrichtung im Genom umkehrt. Inversionen sind nur wenig erforscht, da sie schwierig zu untersuchen sind. In einer gemeinsamen Anstrengung, bei der mehrere komplementäre Genomtechnologien und neue bioinformatische Methoden zum Einsatz kamen, haben Wissenschaftler des EMBL Heidelberg in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universität Washington, USA, und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf nun gezeigt, dass Inversionen zu den häufigsten Mutationen beim Menschen gehören.

Die Forscher fanden heraus wie Inversionen entstehen, und untersuchten im Detail eine Gruppe von 40 Inversionen, die wiederholt im Genom auftreten. Ihre DNA Sequenz kehrt sich dabei fortlaufend um. 

"Wir haben herausgefunden, dass Inversionen mit einer viel höheren Rate entstehen als bisher angenommen. Beim Menschen wechseln mindestens 0,6 % des Genoms wiederholt die Richtung, was die Inversion zu einem der schnellsten Mutationsprozesse beim Menschen macht", sagt Jan Korbel, EMBL Senior Scientist und Leiter der Data Science Abteilung sowie Mitglied des GHGA-Vorstands. "An diesen Stellen ist das Genom nicht stabil - die Richtung des DNA-Codes wechselt hin und her."

Innerhalb dieser instabilen Regionen liegen viele wichtige Gene. Bei der Untersuchung von Fragen wie der Regulierung von Genen über große Entfernungen oder der Epigenetik sollten Wissenschaftler also dieses "Umkehrverhalten" von Genomregionen berücksichtigen. Die Autoren zeigten, dass diese Inversionen mit seltenen genomischen Umkehrung in Verbindung gebracht werden können, die bei Entwicklungsverzögerungen und neuropsychiatrischen Störungen auftreten. Bestimmte Strukturen an den Flanken der Inversionen könnten Menschen entweder für krankheitsrelevante Umkehrung anfällig machen oder schützen. Dies könnte in der klinischen Praxis genutzt werden, um Familien mit einem erhöhten Risiko für eine Erkrankung zu identifizieren.

Diese Studie wurde von Tobias Marshall (Heine-Universität Düsseldorf), Evan Eichler (Universität Washington), und GHGA-Vorstandsmitglied Jan Korbel (EMBL Heidelberg) geleitet. Sobald GHGA einsatzbereit ist wird es Studien wie diese unterstützen, indem es Zugang zu Omics Daten gewährt, die als wichtige Referenz dienen und die Interpretation und das Verständnis anderer genomischer und epigenomischer Daten verbessern werden.

 

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Original-Publikation:

Porubsky D., et al. Recurrent inversion polymorphisms in humans associate with genetic instability and genomic disorders. Cell, published on 6 May 2022.

DOI: 10.1016/j.cell.2022.04.017