Genomforschung nach der COVID-19 Pandemie
- 19 May 2022
- Ulrike Träger
Ende April 2022 trafen sich führende Forschenden und Mediziner:innen im Bereich des Next Generation Sequencing (NGS) zu einem der Deutsche COVID-19 OMICS Initiative (DeCOI) organisierten Hybrid-Workshop. Zwei Tage lang verdeutlichten die Wissenschaftler eine einfache Wahrheit: Ohne Sequenzierung wäre diese Pandemie ganz anders verlaufen.
Ohne Sequenzierverfahren hätten wir das SARS-CoV-2-Genom nicht entschlüsselt. Wir hätten keinen Impfstoff in rekordverdächtiger Zeit entwickelt und wären auch nicht in der Lage gewesen, neu auftretende Varianten zu überwachen und damit die politische Entscheidung faktenbasiert zu beraten. Ohne die Sequenzierung der menschlichen Wirt-Genome wären wir nicht in der Lage gewesen, individuelle Risikofaktoren vorherzusagen.
Während des Workshops wurde die Pandemie als Fallbeispiel genutzt. Es wurde erörtert, wie die Sequenzanalyse zur Bewältigung weiterer globaler Krisen eingesetzt werden kann, z. B. zur Untersuchung und Erhaltung der biologischen Vielfalt und in der Pflanzenzucht zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit.
NGS und die daraus gewonnenen genomischen Daten sind eine Technologie der Zukunft - in Krisen, aber auch darüber hinaus. Doch was brauchen wir für eine erfolgreiche, und vor allem auf das Gesundheitswesen ausgerichtete Sequenzierung in der Zukunft?
Sichere nationale Infrastrukturen, wie sie bei GHGA geplant sind, in denen Daten zu Forschungszwecken im Rahmen der Datenschutzgesetze gemeinsam genutzt werden können. Föderierte Datenschutzaufsichtsbehörden sind hier eine Herausforderung, die es zu bewältigen gilt. Hierbei nehmen natürlich die Interessen der Patienten stets eine zentraler Stelle ein.
Sichere Finanzierung, ohne die keine effektive Wissenschaft möglich ist. Forschung in der Krise kann nicht auf Zuschüsse und langwierige Antragsverfahren warten. Die NGS-Technologie entwickelt sich ständig weiter, und Investitionen in hochmoderne Geräte sichern die besten Daten, auch über die Pandemie hinaus. Optimale Nutzbarkeit der Daten bedarf darüber hinaus die Entwicklung und Erprobung neuer Methoden und Analyseabläufe. Auch hierfür sind Mittel nötig.
Nachhaltigkeit, die sicherstellt, dass die Datenerfassung, aber auch das Wissen erhalten bleibt. Ein Beispiel sind Programme zur Variantenüberwachung von SARS-CoV-2. In den letzten zwei Jahren wurden in verschiedenen Projekten Routinen zur Verfolgung von neuen Virus-Varianten entwickelt, z. B. in Abwasser. Die Erweiterung dieser Prüfverfahren auf weitere Krankheitserreger kann nicht nur bei COVID-Ausbrüchen helfen, sondern auch bei anderen Aspekten der medizinischen Versorgung. Um Nachhaltigkeit zu erreichen müssen Ressourcen wie neue Geräte, aber auch Wissen und Menschen, in diesem Forschungsfeld gehalten werden.
Zusammenarbeit, offene Wissenschaft und der FAIR-Austausch nicht nur von Daten, sondern auch von Protokollen und Arbeitsabläufen bringen die Wissenschaft voran.
Und am wichtigsten ist die Schaffung eines Kreislaufs zwischen Forschung und Gesundheitsversorgung, in dem die Forschung die Entscheidungen des Gesundheitswesens von der Diagnose über die Therapie bis hin zur Politik beeinflusst und klinische Daten in den Forschungsfortschritt zurückfließen.
Ein White Paper, in dem dies und mehr ausführlich beschrieben wird, ist derzeit in Vorbereitung. Bei Fragen und Kommentaren können sie sich an die Organisatoren wenden: https://decoi.eu/contact/